Zwei Ärzte - von Hans Riebau
(Mindener Tageblatt vom 24.09.1988 - www.mt.de)

"Nein", sagte der Tierarzt Dr. vet. Schott, "da sind Sie im Irrtum! Für euch Ärzte ist die Diagnose eine Kleinigkeit. Ihr fragt den Patienten: Wo fehlt's denn? Und die Antwort ergibt dann das Krankheitsbild. Wir Tierärzte dagegen gucken uns so eine Kuh an. Die Kuh macht Mööööh. Und dann müssen wir Bescheid wissen, ob es der Darm ist, die Niere, der Schlund oder die Magenkrankheit, haha!"

"Na, na", sagte Dr. med. Treff, "ein bisschen anders liegt die Sache denn doch. Die Angaben unserer Patienten verwirren oft mehr, als dass sie uns aufklären. Und für eine Kuh kommt praktisch doch nur eine begrenzte Anzahl von Krankheiten in Frage. Beim Menschen jedoch mit seinen Nervenstörungen, mit den wichtigen seelischen Einflüssen, den zahlreichen Infektionen ist es weit schwieriger, zu einer einwandfreien Diagnose zu kommen."

Tierarzt Dr. Schott schwieg verärgert. "Wir werden vielleicht bald mal die Probe aufs Exempel machen können", sagte er. Dann sprach man von etwas anderem.

Die Probe aufs Exempel ließ nicht lange auf sich warten. Der Tierarzt nämlich wurde krank, legte sich ins Bett und ließ den Arzt rufen.

Dr. Treff kam. "Na?" sagte er. "Wo fehlt's denn?"

"Mööööh", brüllte Dr. Schott.

"Machen Sie keine Witze", sagte Dr. Treff. "Sie haben ja Fieber. Tut es weh? Im Hals? Oder im Leib?"

"Mööööh", machte der Tierarzt.

"Mit einer Krankheit sollte man keinen Scherz treiben", runzelte Dr. Treff die Stirn, "erklären Sie mir bitte ..."

"Mööööh", wiederholte der Tierarzt, streckte einen Fuß unter der Bettdecke hervor und trat nach dem Arzt.

Dr. Treff überlegte. "Der Fall ist sonnenklar", sagte er dann zu der Haushälterin. "Geben Sie ihm einen viertel Liter Rizinusöl und zwei Liter Salzwasser, und wenn die Sache morgen Mittag noch nicht besser ist, müssen wir ihn notschlachten."

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